Donner unter der Kimm: Admiral Bolitho und das Tribunal von Malta - Kent Alexander (книги без сокращений TXT) 📗
«Schaffen Sie ihn nach unten«, befahl Bolitho.
Stayt schaute zu ihm auf, schien aber nicht klar zu sehen. Er hatte eine Hand auf den Magen gepre?t, und zwischen den Fingern quoll bereits Blut hervor.
«Nein!«Verzweifelt starrte er Bolitho an. »Horen Sie mich an!»
Bolitho kniete sich neben ihn. Seine Ohren drohnten vom Krachen der Kanonen. Die Masten der Leopard waren nun nicht mehr weit entfernt; sie ragten riesig und bedrohlich uber ihnen auf, als die beiden Schiffe sich einander unaufhaltsam naherten.
«Ja?«Er wu?te, da? Stayt im Sterben lag. Uberall fielen Manner; einer der Ruderganger schleppte sich in den Schatten der Poop und lie? eine gro?e Blutlache am Rad zuruck.
«Es war mein Vater. Ich wollte sagen. «Er hustete, Blut rann ihm aus dem Mund.»Ich schrieb ihm von dem Madchen. Hatte nie geahnt, da? er. «Er verdrehte die Augen und stie? hervor:»Guter Gott, hilf mir!»
«Ich halte ihn, Sir«, sagte Sheaffe.
Sheaffes Stimme schien Stayt ubermenschliche Krafte zu verleihen. Er wandte den Blick dem Midshipman zu und begann verzerrt zu grinsen. Es sah entsetzlich aus.»Admiral Sheaffe war's. Er ist namlich mit meinem Vater befreundet.»
Er kniff die Augen zu, als erneut Kugeln ubers Deck pflugten. Dann fuhr er, zu Bolitho gewandt, fort:»Er hat Sie schon immer geha?t, Sir. Ich dachte, Sie wu?ten das.
Unsere Vater alle zusammen…«Er bemuhte sich, deutlich zu artikulieren, hatte aber zuviel Blut im Mund. Es drohte ihn zu ersticken.»Ihrer, meiner und der des Jungen hier. «Wieder hustete er, und diesmal flo? das Blut in Stromen.
Sheaffe legte ihn an Deck. Als er aufblickte, war sein Gesicht steinern. Dann hob er die mit Silber beschlagene Pistole auf und schob sie sich unter den Gurtel.
Keen hastete herbei und schrie:»Wir sind fast dran!»
Das Deck baumte sich auf, Splitter sirrten wie Hornissen, schleuderten Manner beiseite oder verletzten sie so schwer, da? sie hilflos liegenblieben. Keen sah auf Stayts Leiche nieder und fluchte.»Verdammt!»
Bolitho erhob sich, stutzte sich auf die Schulter eines Seesoldaten und kletterte auf die Finknetze, um das gegnerische Schiff besser zu sehen. Uberall tobte die Schlacht, Trummer und zerbrochene Spieren trieben querab, und hier und dort schwamm eine einsame Leiche.
Er sah Joberts Admiralsflagge uber dem schwarz-wei?en Schiff auswehen, das Funkeln des Musketenfeuers, wenn Scharfschutzen ihre Ziele gefunden hatten. Der Schu?, der Stayt getotet hatte, war vermutlich fur ihn bestimmt gewesen.
Er wandte dem schwarz-wei?en Schiff den Rucken und sprang hinab. Was er hier trieb, war Wahnsinn, und er rechnete jeden Augenblick mit einem Einschlag zwischen den Schulterblattern. Mit seinen Epauletten gab er ein vorzugliches Ziel ab.
«Ziele gut, mein Junge, aber heb den Admiral fur mich auf, klar?«Er klopfte dem Seesoldaten auf die verkrampfte Schulter.
Der Mann grinste breit.»Zwei hab' ich schon erwischt, Sir!«rief er.
Der Rumpf zitterte, als weitere Kugeln ihn trafen wie gigantische Hammerschlage. Ein Achtzehnpfunder wurde angehoben und auf seine Bedienungsmannschaft geworfen. Der Lauf mu?te gluhend hei? gewesen sein, doch die Manner, deren Schreie vom Bombardement ubertont wurden, starben rasch. Das Vorbramsegel flatterte in einzelnen Fetzen davon; die Gro?bramstenge wankte plotzlich, neigte sich und sturzte dann an Deck wie ein Baumriese.
Bolitho starrte mit brennenden Augen in den Rauch. Sie mu?ten langsseits gehen! Durch eine jahe Lucke im Rauch erkannte er, wie nahe sie schon dem Geleitzug waren. Er sah Benbow, deren Flagge noch wehte, die aber ihren Besanmast verloren hatte, pausenlos auf das ihr nachstliegende Schiff feuern.
Sein Fu? beruhrte Stayts ausgestreckten Arm. Er schaute auf den toten Leutnant hinab, der ihm in seinen letzten Minuten so viele Fragen beantwortet hatte. Doch Neid und Ha? kamen ihm nun kleinlich und bedeutungslos vor.
Er sah Keen an.»Wir haben den Windvorteil. Nutzen Sie ihn. «Sein Ton wurde harter.»Rammen Sie den Gegner!«Dann zog er den Degen und horte Allday sein Entermesser ziehen.
«Jetzt! Hartruder!»
Keen wandte sich ab. Es war sinnlos, noch Einspruch zu erheben. Die Besatzung des Dreideckers wurde sie ubermannen, sie hatten keine Chance. Aber ihre Lage war von Anfang an aussichtslos gewesen.
«An die Brassen!«schrie er.»Ruder in Luv, Mr. Fallowfield!»
Doch der Gehilfe des Sailing Masters hatte das Kommando ubernommen. Fallowfield lag mit einem Ohr an Deck tot neben dem Ruderrad, als lausche er den Schiffsgerauschen.
«Mr. Paget! Klar zum Rammsto?!»
Paget schaute ihn kurz an und rannte dann mit gezogenem Degen nach vorn zur Back. Die Argonaute wandte sich schwerfallig ihrer Gegnerin zu. Ihr Kluverbaum stach zu wie eine Lanze, doch ihre Segel waren so zerrissen und durchlo — chert, da? der triumphierende Wind, ein grausamer Zuschauer, ihr kaum noch Fahrt verlieh.
Dispatch war an einem anderen Schiff langsseits gegangen und feuerte noch immer, obwohl ihre Kanonen bereits knirschend gegen die des Feindes mahlten.
Jobert hatte Bolithos Absicht erkannt, konnte ihn aber nicht mehr an seinem Vorhaben hindern. Da er in Richtung Geleitzug gewendet hatte, hatte er den Wind querein. Weder konnte er sich der Argonaute zuwenden noch vor dem Wind ablaufen, ohne sein Heck einer morderischen Breitseite auszusetzen.
Joberts Geschutzmannschaften versuchten bereits, die Rohre auf das langsame Schiff mit der gro?en Gefechtsflagge am Fockmast zu richten. Franzosische Seeleute hasteten zum Schanzkleid und schossen auf Argonaute; einige fielen oder sturzten uber Bord, als Bouteillers Scharfschutzen sie unter Feuer nahmen. Irgendwo krachte eine Drehbasse, und Bolitho sah einen seiner Rotrocke fallen. Es war Leutnant Orde, der mit dem Sabel in der Hand auf dem Rucken liegenblieb und blicklos gen Himmel starrte.
Keen packte die Reling, als der einst so fern und unnahbare Dreidecker hoch uber ihm aufragte. Von oben wurde geschossen, da? die Planken unter seinen Fu?en vibrierten. Eine Kugel traf Stayts Leiche und lie? sie zusammenzucken, als hatte der Mann sich nur totgestellt. Die Franzosen eilten auf die Stelle des Zusammenpralls zu, und ihre Schreie und Verwunschungen klangen wie ein gewaltiger Chor, der selbst den Schlachtenlarm ubertonte.
Keen wandte sich um, als Bolitho ihn am Armel beruhrte.»Sind die Backbordgeschutze feuerbereit?»
Keen bejahte. Der Kluverbaum schob sich langsam durch die Fockwanten der Leopard. Die Bewegung wirkte sanft, doch Keen wu?te, da? die ganze Masse seines Schiffes dahintersteckte. Er gab dem Leutnant an der Backbordbatterie mit dem Degen ein Zeichen. Die Sekunden dehnten sich wie Stunden, Keen horte noch einmal den vielstimmigen Chor, und dann verschwand der Wasserkeil zwischen den Rumpfen unter einem Chaos aus Feuer und Rauch. Brennende Pfropfen flogen auf die zerrissenen Segel zu, und der Einschlag des Eisens in den Rumpf des Gegners klang wie ein Donnerschlag.
Die meisten franzosischen Matrosen und Seesoldaten waren vom Schanzkleid verschwunden. Die Bordwand der Leopard schimmerte unter den Speigatten hellrot, als sei das Schiff selbst am Verbluten.
Wie in einem letzten Aufbaumen stie?en die beiden Schiffe knirschend zusammen, Wanten und Spieren verhakten sich ineinander, und Kanonen, Manner und Wind verstummten so plotzlich, als sei das Ende der Welt gekommen.
Bolitho wurde von den Seesoldaten, die mit blitzenden Bajonetten zur Back sturmten, beinahe umgeworfen. Die Schiffe prallten noch einmal heftig gegeneinander, und durch das baumelnde Gewirr von Tauwerk und angekohlten Segelfetzen sah Bolitho das Mundungsfeuer der Musketen und blitzenden Stahl.
Von hoch oben uberm Rauch feuerten die Scharfschutzen weiter. Phipps, der Funfte Offizier, griff sich ins Gesicht, als eine Kugel ihm die Stirn zertrummerte. Er war Midshipman auf der Achates gewesen. Nur ein Lidschlag, und es gab ihn nicht mehr.