Admiral Bolithos Erbe: Ein Handstreich in der Biskaya - Kent Alexander (читаем полную версию книг бесплатно txt) 📗
Bolitho beschattete seine Augen und blickte wie beilaufig in die Runde. Halb von den Hugeln verdeckt, erkannte er eine Kirche mit viereckigem Turm, die sich in eine Bodenfalte duckte, als sei dies ihr angestammter Platz seit Urzeiten.
«Gehen wir zuruck. «Nur widerwillig kehrte Bolitho der See den Rucken.»Jemand konnte uns beobachtet haben.»
Ziemlich verwirrt fiel Browne neben ihm in Schritt.
Bolitho wartete, bis er hinter sich das Scheppern und Trotten der Kurassiere horte, dann begann er gedampft:»Ich wei? jetzt mit Bestimmtheit, wo wir sind, Oliver. Und wenn ich mich nicht irre, hat kein Pfarrer diesen Kirchturm bezogen, sondern die franzosische Marine. «Er warf seinem Adjutanten einen kurzen, fast verzweifelt drangenden Blick zu.»Ich wette, es ist der letzte Se-maphorenturm auf dieser Seite des Mundungsgebiets. Wenn wir nur ausbrechen konnten, wenigstens so lange, wie wir brauchen, um ihn zu zerstoren!»
Browne konnte ihn nur anstarren.»Aber sie werden einen neuen bauen, und wir.»
«Ich wei?. Wir werden exekutiert. Trotzdem mussen wir einen Weg finden. Denn wenn unsere Schiffe hier angreifen, was sie bestimmt tun werden, segeln sie ins sichere Verderben. Ich furchte, uns bleibt nicht mehr viel Zeit. In England mu? man inzwischen vom Untergang der Styx erfahren haben und alle Anstrengungen machen, wenigstens die uberlebenden Offiziere gegen gefangene Franzosen auszutauschen.»
Nachdenklich kaute Browne auf seiner Unterlippe.»Kapitan Neale wird als vermi?t gemeldet werden, bis Uberlebende der Besatzung herumerzahlen, was aus ihm und uns geworden ist.»
Bolitho nickte ernst.»Aye. Und es wird bestimmt genug neutrale Zutrager geben, welche diese Neuigkeiten an die richtigen Leute verkaufen. Ich glaube, die Franzosen werden die Verhandlungen uber Austausch oder Freilassung bewu?t so lange verzogern, bis sie ihre neu formierte Landungsflotte in der richtigen Position haben. Admiral Beauchamp hatte vollig recht mit seinem Verdacht.»
«Und er hat auch den richtigen Mann mit Gegenma?nahmen betraut«, sagte Browne.
«Wenn ich das nur glauben konnte, Oliver«, seufzte Bolitho.»Je langer ich hier nutzlos gefangensitze, desto grundlicher denke ich uber unseren Angriffsplan nach. Ich hatte die schwache Stelle erkennen sollen, hatte sie mit einkalkulieren mussen, ganz gleich, wie sparlich die Informationen waren, die wir von der Admiralitat bekamen. «Er blieb stehen und sah Browne in die Augen.»Als ich merkte, da? Phalarope davonsegelte, statt zu kampfen, habe ich ihren Kommandanten verflucht. Heute bin ich mir da nicht mehr so sicher. Kann sein, er hat sich kluger verhalten, als wir ihm zunachst zubilligten, und auch mehr Mut bewiesen. Ich war schon immer der Meinung, da? ein Kommandant mit Eigeninitiative handeln mu?, wenn seine Befehle in einer uberraschenden Situation sinnlos werden.»
«Bei allem Respekt, Sir, da bin ich gegenteiliger Meinung. «Browne wartete auf eine Zurechtweisung; als keine kam, fuhr er fort:»Kapitan Emes hatte den aussichtslosen Kampf gegen die Ubermacht aufnehmen mussen, statt Styx hilflos sich selbst zu uberlassen. Jedenfalls hatten Sie sich so verhalten, Sir.»
Bolitho lachelte.
«Als Kommandant vielleicht. Aber in dem Augenblick, als meine Flagge fiel, ging der Oberbefehl an Emes uber. Im Grund blieb ihm gar keine andere Wahl.»
Aber Bolitho spurte, da? er Browne nicht uberzeugt hatte. Sein Schweigen war vielsagender als jeder laute Protest.
Allday erwartete sie im oberen Stockwerk des Festungsturms, als sie schwitzend die letzten Stufen erklommen, und sagte:»Der Arzt war wieder da, Sir. Kapitan Neale geht es ziemlich schlecht.»
Bolitho drangte sich an ihm vorbei und eilte zu dem gro?eren der beiden Turmzimmer. Dort lag Neale auf dem Rucken, starrte mit weit geoffneten Augen an die Decke und atmete so heftig, da? sich seine Brust wie im Krampf hob und senkte. Ein Wachter trug einen Eimer mit blutigen Verbanden davon; am vergitterten Fenster stand der kleine Festungskommandant und machte ein ernstes Gesicht.
«Ah, da sind Sie ja, Konteradmiral. Ich furchte, Kapitan Neales Zustand hat sich verschlechtert.»
Vorsichtig lie? sich Bolitho auf die primitive Pritsche nieder und nahm Neales Hand. Trotz der Sommerhitze war sie eiskalt.»Was ist denn, John?«fragte er besorgt.»Komm, mein Junge, sag es mir. «Leicht druckte er Neales Hand, fuhlte aber keine Reaktion. Nicht du auch, dachte er flehentlich, Herrgott, nicht du auch noch.
Die Stimme des Kommandanten schien aus weiter Ferne zu kommen.»Ich habe Befehl, Sie alle nach Lorient zu verlegen. Dort wird auch Kapitan Neale besser aufgehoben sein.»
Bolitho sah ihn an und versuchte, das Gehorte zu verarbeiten. Dann begriff er, da? alles umsonst gewesen war. Neale wurde sterben, und sie selbst schaffte man nach Lorient, wo sie niemals ausbrechen und diesen Signalturm zerstoren konnten.
Er protestierte:»Aber, Monsieur, der Transport wurde Kapitan Neales sicheren Tod bedeuten!»
Der Kommandant wandte sich ab und starrte auf die See hinaus.»Ich habe Befehl, Sie nach Lorient in Marsch zu setzen. Auch der Arzt ist sich des Risikos fur Kapitan Neale bewu?t, aber er hat mir versichert, da? der Patient sich nur so lange ans Leben klammern wird, wie er mit Ihnen zusammen ist. «Sein Ton wurde etwas milder.»Wenigstens reisen Sie nicht in der Kutsche, sondern per Schiff. Diese kleine Vergunstigung konnte ich mit meinen beschrankten Mitteln immerhin fur Sie durchsetzen, Admiral.»
Bolitho nickte langsam.»Danke. Das werden wir Ihnen nicht vergessen.»
Der Kommandant straffte die schmalen Schultern, der Augenblick des gegenseitigen Einverstandnisses hatte ihn verlegen gemacht.
«Heute abend werden Sie an Bord gebracht. Danach. «Er zuckte die Achseln.»Jedenfalls liegt dann nichts mehr in meiner Hand.»
Er ging, und Bolitho beugte sich uber Neale.»Haben Sie das gehort, John? Wir bringen Sie woandershin, wo Sie ordentlich gepflegt werden konnen. Au?erdem bleiben wir alle zusammen. Na?»
Neale richtete so langsam den Blick auf ihn, als ginge schon diese Anstrengung uber seine Krafte.
«Keinen. Sinn. Diesmal haben. sie mich. erledigt.»
Bolitho merkte, da? Neale nach seiner Hand tastete. Sein muhsamer Versuch eines Lachelns war herzzerrei?end.
Neale flusterte:»Mr. Bundy wird nachher wegen seiner Seekarten vorsprechen. «Er phantasierte wieder, die Schmerzen trubten seinen Blick.»Spater…»
Bolitho lie? Neales Hand los und erhob sich.»Lassen wir ihn in Ruhe. «Und an Browne gewandt:»Sorgen Sie dafur, da? wir hier nichts vergessen. «Aber er wu?te, da? er nur sprach, um Zeit zu gewinnen. Sie besa?en nichts, deshalb konnten sie auch nichts verlieren, wie Allday schon richtig angemerkt hatte.
Dieser sagte jetzt leise:»Ich kummere mich um Kapitan Neale,
Sir.»
«Ja, danke.»
Bolitho trat zum Fenster und druckte die Stirn an die sonnenwarmen Eisenstangen. Irgendwo links mu?te der Kirchturm stehen, obwohl er ihn von hier aus nicht sehen konnte. Die englischen Schiffe wurden mehrere Tage brauchen, ehe sie die gunstigsten Angriffspositionen erreichten; aber der optische Telegraph benotigte nur Minuten, um die Verteidiger zu alarmieren.
Niemand in England wu?te von den Invasionsbereitungen. Vielleicht wurden sie es dort auch nicht mehr rechtzeitig erfahren. Dann starb Neale hier ebenso umsonst wie viele seiner Manner vor ihm.
Er pre?te das Gesicht so fest an die Stabe, da? der Schmerz ihn zur Besinnung brachte. Noch war Neale nicht tot. Und noch hatte der Feind nicht gewonnen.
Browne lie? seinen Admiral nicht aus den Augen. Er hatte ihm gern geholfen, wu?te aber, da? dies au?erhalb seiner Macht lag.
Allday lie? sich neben Neales Pritsche nieder. Der Verwundete hatte jetzt die Augen geschlossen und schien auch etwas ruhiger zu atmen.
Allday dachte an das franzosische Schiff, das sie nach Lorient bringen sollte. Mochte der Teufel wissen, wo Lorient lag. Ebensowenig scherten ihn die Musjohs, wie er sie nannte. Aber ein Schiff war auf jeden Fall besser als eine Kutsche mit einem verdammten Rattenschwanz von Soldaten.